Jahrestag der Deportation vom 25. April 1942

Mira Marx und ihr Cousin Oskar Moritz sind am 23. April 1942 gerade aus dem Bus ausgestiegen. Er hat sie von Miltenberg zur Sammelstelle am Platz‘schen Garten in Würzburg gebracht. Hier müssen sich zwischen dem 22. und 24. April 1942 Jüdinnen und Juden aus ganz Unterfranken zur „Evakuierung“ einfinden. Mira Marx trägt schweres Gepäck und schaut sich suchend und verängstigt um, während Oskar Moritz in Richtung der Kamera blickt. An seinem Mantel ist der „Judenstern“ zu erkennen. Nur zwei Tage später und nach demütigenden Kontrollen werden sie mit 850 weiteren Menschen von der Sammelstelle zum Güterbahnhof Aumühle getrieben und von dort in den Raum Lublin im besetzten Polen deportiert.

Nach der Ankunft in Krasnystaw müssen die entkräfteten Menschen ohne ausreichende Versorgung zu Fuß nach Krasniczyn laufen, wo sie unmenschliche Bedingungen vorfinden. Von hier waren nur einen Tag zuvor die einheimischen Jüdinnen und Juden ins Vernichtungslager abtransportiert worden. Das gleiche Schicksal ereilt die 852 Menschen des Transports aus Würzburg. Sie alle werden noch vor Ende des Jahres im Raum Lublin ermordet. Die dritte Deportation vom 25. April 1942 war damit der größte durch das NS-Regime geplante und durchgeführte Transport aus Unterfranken. Zu den Opfern der Deportation gehörten auch Mira Marx und Oskar Moritz.

Aufgewachsen war Mira Marx (1894 – 1942) mit fünf Geschwistern in Miltenberg. Als Schülerin besuchte sie das Institut Unserer Lieben Frau und zog danach für ihre Lehre nach Frankfurt. Dort bekam sie ein Kind von einem Nichtjuden, das sie nicht bei sich behalten konnte. Vielen ledigen Müttern erging es ähnlich zu dieser Zeit. Zurück in Miltenberg arbeitete die unverheiratete Frau als Häusermaklerin. Mira Marx lebte im Haus der Familie, doch ihre Geschwister verließen Miltenberg schon um 1920. Das Haus wurde zum letzten, unfreiwilligen Sammelquartier der Miltenberger Juden. Der Sohn von Mira Marx hat die NS-Verfolgungen überlebt.

Auch Oskar Moritz (1887 – 1942), der Cousin von Mira Marx, wuchs in Miltenberg mit vier Geschwistern auf. Später lebte er dort mit seiner Frau Rosa und den drei Kindern. Im Ort führte er ein Ledergeschäft und war Mitglied der SPD. Aus diesem Grund geriet er schnell in das Visier der Gestapo und wurde bereits zu Beginn der NS-Zeit für mehr als zwei Jahre und dann noch einmal nach den Novemberpogromen für kurze Zeit im KZ Dachau interniert. Oskar Moritz versuchte, mit seiner Frau und seinem Sohn in die USA zu emigrieren – ohne Erfolg. Am 25. April 1942 wurde er mit seiner Frau Rosa von Würzburg nach Krasniczyn deportiert und dort ermordet. Ihr Sohn Manfred war bereits 1941 von Hannover aus in den Raum Riga deportiert worden, wo er ebenfalls ums Leben kam. Den beiden Töchtern gelang die Flucht nach England.

Mit Mira Marx und Oskar Moritz erinnern wir stellvertretend an alle Opfer der Deportation vom 25. April 1942.

Text: Nathalie Jäger, JSZ;  Foto: StAWü Gestapo 18880a, Foto 31, Zuschnitt

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