Kindertransporte

Spätestens nach dem Novemberpogrom 1938 wurde den deutschen Jüdinnen und Juden klar: Es gab in ihrem Land keine Zukunft mehr für sie. Schweren Herzens entschlossen sich viele Eltern, wenigstens ihre Kinder in Sicherheit zu bringen – darunter auch Kleinkinder. Verschiedene jüdische Hilfsorganisationen bereiteten die Kindertransporte vor, von denen die meisten nach England gingen.

Die britische Regierung genehmigte Ende 1938 die Aufnahme jüdischer Kinder bis zum Alter von 17 Jahren. Sie sollten ihre Ausbildung in England beenden und später in andere Länder auswandern.

Für die Eltern und die Kinder war es ein schwerer Abschied. Nach der Anmeldung über die jüdischen Gemeinden erfuhren sie erst kurzfristig den Abfahrtstermin. Jedes Kind durfte nur ein Gepäckstück und 10 Reichsmark mitnehmen. Ein Schild um den Hals zeigte seinen Namen. Nach einer langen Fahrt in einem versiegelten Zug kamen die Kinder in einem völlig fremden Land an. Sie verstanden die Sprache nicht und fühlten sich oft sehr allein.

In England wurden die Kinder in jüdischen und nicht-jüdischen Pflegefamilien untergebracht. Einige kamen auch in Heimen unter. Manche Kinder hatten Glück, andere wurden als billige Arbeitskräfte missbraucht. Über Briefe und Postkarten konnten die Kinder meist nur noch kurze Zeit den Kontakt nach Hause halten.

Weitere Kinder wurden in die Niederlande und nach Belgien geschickt, wo sie seit 1940 erneut von der NS-Verfolgung bedroht waren. Manche konnten von internationalen Hilfsorganisationen gerettet werden. Andere wurden von dort, aus Frankreich oder nach einer Rückkehr nach Hause aus Deutschland deportiert – so auch einige der etwa 40 Kindertransport-Kinder aus Unterfranken. Kindertransporte nach Palästina und in die USA führten hingegen in Sicherheit. Mit Beginn des 2. Weltkriegs endeten die Kindertransporte. Etwa 10.000 jüdische Kinder waren bis zu diesem Zeitpunkt gerettet. Ihre Eltern und Geschwister überlebten vielfach nicht.

Nathalie Jäger, 2020

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