Jüdische Gemeinde Kleineibstadt, heute ein Ortsteil der Gemeinde Großeibstadt
Zu Beginn der NS-Gewaltherrschaft im Jahr 1933 lebten sieben jüdische Bürgerinnen und Bürger in Kleineibstadt. In den Jahrzehnten zuvor war die Zahl der jüdischen Gemeindemitglieder dramatisch zurückgegangen. Schon vor 1924 konnten Gottesdienste nur noch zusammen mit der jüdischen Gemeinde Kleinbardorf stattfinden, die sich an Kleineibstadt angeschlossen hatte. Die Wurzeln der jüdischen Gemeinde reichen jedoch ins 17. Jahrhundert zurück. 1753 gab es 13 jüdische Haushalte am Ort, 1817 waren es 19. Seit dieser Zeit bis zum Ende des 19. Jahrhunderts lebten jeweils etwa 100 jüdische Bewohnerinnen und Bewohner im Dorf. 1910 hatte sich ihre Zahl auf 50 reduziert.
In der NS-Zeit veranlasste der Verfolgungsdruck einige Personen, nach Kleineibstadt zuzuziehen bzw. zurückzukehren. Auch aufgrund schwieriger wirtschaftlicher Verhältnisse gab es Umzüge. Ein erstes Opfer wurde 1933 in der Haft vergiftet, ein Mann 1940 Opfer der Krankenmorde. 1937 wurde die kleine jüdische Gemeinde aufgelöst und die Synagoge verkauft. Zwei Personen zogen innerhalb Deutschlands um und ein älteres Ehepaar Ende 1938 lediglich nach Würzburg, wo die Frau verstarb. Ihr Mann wurde 1942 nach Theresienstadt verschleppt. Fünf Personen gelang es 1937 und 1939, in die USA (2), die Niederlande (1) sowie nach Shanghai (2) zu emigrieren.
Im August 1941 wuchs die Gruppe der jüdischen Einwohner in Kleineibstadt noch einmal auf elf Personen an, als die letzten sechs jüdischen Bewohner aus Königshofen vertrieben wurden und in Kleineibstadt unterkamen. Sie wurden alle im April 1942 über Würzburg nach Krasniczyn im besetzten Polen deportiert. Fünf jüdische Frauen blieben übrig. Eine Frau, die mit einem nichtjüdischen Mann verheiratet war, konnte in Kleineibstadt bleiben. Ihr Sohn emigrierte 1939 von Augsburg in die Niederlande. Drei Schwestern mussten im Juni nach Schweinfurt umziehen, von wo sie im September über Würzburg nach Theresienstadt deportiert wurden. Die vierte starb zum gleichen Zeitpunkt in Würzburg im Krankenhaus. Zwei Söhne eines jüdischen Vaters, die mit ihrer verwitweten nichtjüdischen Mutter im Dorf wohnten, mussten am Ende des Krieges außerhalb Zwangsarbeit leisten.
Aus Unterfranken wurden also vier jüdische Bürgerinnen und Bürger deportiert, die 1933 in Kleineibstadt gelebt hatten. Eine Frau wurde aus Frankfurt, zwei Männer aus den Niederlanden abtransportiert. Nur einer von ihnen überlebte. Insgesamt sind also mit den individuell Ermordeten acht Shoa-Opfer zu beklagen.
Der Koffer in Kleineibstadt erinnert an die deportierten Jüdinnen und Juden des Ortes. Ein zweiter steht in Würzburg und bildet zusammen mit denen anderer Kommunen den “DenkOrt Deportationen” vor dem Hauptbahnhof. Siehe Grundinformationen zu den jüdischen Gemeinden und zum “DenkOrt”.
Der Koffer in Kleineibstadt findet sich neben dem Radweg in der Nähe des ehemaligen Bahnhofs, in der Großeibstädter Straße.
Ausführlichere Informationen zur jüdischen Gemeinde Kleineibstadt
Quellen zu den Gemeindeartikeln
Shoa-Opfer, die 1933 in Kleineibstadt gelebt hatten
Max Ambach (1881 – 1943)
Moses Friedrich Kohl (1888 – 1940)
Ida Reinhold (1873 – 1942)
Lina Reinhold (1877 – 1943)
Sophie Reinhold, gesch. Segen (1876 – 1944)
Feist Rosenmann (1858 – 1942)
Edgar Wolfrom (1905 – 1933)
Paula/Pauline Wolfrom, geb. Adler (1885 – 1942)
Überlebender
Josef Reinhold (1916 – 1994)