Jüdische Gemeinde Hörstein, heute ein Stadtteil von Alzenau
Im Jahr 1933 lebten in Hörstein 98 jüdische Bürgerinnen und Bürger. Erste Hinweise auf eine jüdische Ansiedlung im Ort liegen jedoch bereits für die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts vor. Bald darauf gründete sich eine jüdische Gemeinde, die stark anwuchs. 1817 zählte man 35 jüdische Haushalte. Ihre maximale Größe erreichte die Gemeinde mit 137 Mitgliedern im Jahr 1880. Im Unterschied zu vielen anderen Gemeinden ging die Anzahl bis zum Jahr 1910 nur leicht auf 125 Personen zurück.
Infolge der zunehmenden Repressionen durch das NS-Regime verließen seit 1935 insgesamt 90 Mitglieder der jüdischen Gemeinde den Ort. Zehn Personen zogen zu bzw. kehrten zurück. Insbesondere die gewaltsamen antisemitischen Ausschreitungen vor und während der Novemberpogrome zwangen viele Gemeindemitglieder dazu, Hörstein schnell zu verlassen. 46 Personen zogen in neue Wohnorte in Deutschland, insbesondere nach Frankfurt a.M. (35). 44 jüdische Einwohner konnten in die Vereinigten Staaten (21), nach Palästina (8), Argentinien (4), Cuba (2), England (1), Bolivien (1) sowie in die Niederlande (2) emigrieren. Ende 1938 waren nur noch 12 jüdische Bewohner übrig, im April 1940 ging der letzte. Mindestens vier Mitglieder der jüdischen Gemeinde verstarben vor den Deportationen in Hörstein oder Frankfurt. Eine Frau wurde in der Tötungsanstalt Hartheim ermordet.
Aus Unterfranken wurde ein Ehepaar deportiert, das seit 1938 in Aschaffenburg wohnte. Mindestens 19 weitere Personen, die 1933 in Hörstein gelebt hatten, traf dieses Schicksal in ihren neuen Wohnorten in Deutschland und den Niederlanden. Demnach fielen mindestens 22 Personen der Shoa zum Opfer, niemand überlebte.
Der Koffer in Hörstein erinnert an die deportierten Jüdinnen und Juden aus dem Ort. Ein zweiter Koffer steht in Würzburg und bildet zusammen mit den Gepäckstücken anderer Kommunen den “DenkOrt Deportationen” vor dem Hauptbahnhof. Siehe Grundinformationen zu den jüdischen Gemeinden und zum “DenkOrt”.
Informationen zum Standort des Koffers in Hörstein folgen zu gegebener Zeit.
Ausführlichere Informationen zur jüdischen Gemeinde Hörstein
Quellen zu den Gemeindeartikeln
Shoaopfer, die 1933 in Hörstein gewohnt hatten
Fanny Aumann (1901 – 1941)
Raphael Gradwohl (1867 – 1942)
Regina Gradwohl, geb. Rothschild (1867 – 1942)
Julius Hamburger (1878 – 1942)
Julius Hamburger (1894 – 1942)
Mina Hamburger, geb. Oppenheimer (1878 – 1942/1943)
Rita Hamburger (1920 – 1942)
Selma Hamburger, geb. Hess (1884 – 1942)
Eva Löwenthal, geb. Rothschild (1881 – 1943/1944)
Sally Löwenthal (1872 – 1942)
Markus Max Ring (1868 – 1943)
Bertha Rothschild (1886 – 1942/1943)
Hermann Rothschild (1885 – 1941)
Hermann Rothschild (1890 – 1943)
Josef Rothschild (1891 – 1944)
Joseph Rothschild (1853 – 1943)
Julius Rothschild (1888 – 1945)
Malli Rothschild (1892 – 1943)
Rosa Rothschild, geb. Adler (1896 – 1944)
Sally Rothschild (1879 – 1942)
Sarah Rothschild (1887 – 1940)
Sofie Rothschild, geb. Kleemann (1882 – 1942)