Jüdische Gemeinde Obbach, heute ein Ortsteil der Gemeinde Euerbach

Im Jahr 1933 lebten in Obbach 107 jüdische Bürgerinnen und Bürger, darunter acht Kinder. Zur Gemeinde in Obbach gehörten auch zwei jüdische Frauen, die in Euerbach wohnten. Erste Hinweise auf eine jüdische Ansiedlung in Obbach liegen bereits für die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts vor. Bald darauf gründete sich eine jüdische Gemeinde, die stark anwuchs. So zählte man 1817 bereits 44 jüdische Haushalte. Ihre maximale Größe erreichte die Gemeinde mit 210 Mitgliedern im Jahr 1837. Bis zum Jahr 1910 ging die Anzahl auf 146 zurück. Zu diesem Zeitpunkt gehörten auch die wenigen Juden in Euerbach zur Gemeinde Obbach.

Trotz der Repressionen durch das NS-Regime nahm die Anzahl der jüdischen Gemeindemitglieder zunächst nur langsam ab. Im Jahr 1935 wurden noch 99 Personen in Obbach gezählt. Zwischen November 1937 und 1941, besonders aber wohl nach den gewaltsamen Ausschreitungen während des Novemberpogroms flohen insgesamt 36 jüdische Obbacher ins Ausland. Ziele waren die USA, Palästina, die Schweiz, Frankreich, Südafrika und Südamerika. Vierzehn Personen aus der jüdischen Gemeinde starben seit 1933 an ihren Wohnorten. Etwa 25 weitere Gemeindemitglieder zogen in andere deutsche Orte um, insbesondere nach Würzburg, Schweinfurt, Frankfurt a.M. und Nürnberg.

Am 7. Februar 1942 lebten noch 36 jüdische Personen in Obbach. Von ihnen wurden 30 am 22. April 1942 nach Würzburg gebracht und drei Tage später von dort nach Krasniczyn im besetzten Polen deportiert. Die letzten sechs jüdischen Einwohner wurden im September 1942 von Würzburg in das Ghetto Theresienstadt verschleppt. Zuvor waren sie für die letzten Wochen in ein Sammelquartier in Schweinfurt eingewiesen worden.

44 jüdische Bürgerinnen und Bürger, die 1933 in Obbach gelebt hatten oder dort danach zur Welt kamen, wurden insgesamt aus Unterfranken deportiert, ein Mann überlebte. Aus neuen Wohnorten in Deutschland und den Niederlanden (1) wurden mindestens weitere vierzehn Personen abtransportiert. Die Zahl der Shoa-Opfer beläuft sich also insgesamt auf mindestens 57.

Der Koffer in Obbach erinnert an die deportierten Jüdinnen und Juden aus Obbach und Euerbach. Ein zweiter Koffer steht in Würzburg und bildet zusammen mit denen anderer Kommunen den “DenkOrt Deportationen” vor dem Hauptbahnhof. Siehe Grundinformationen zu den jüdischen Gemeinden und zum “DenkOrt”.

Informationen zum Standort des Koffers in Obbach folgen zu gegebener Zeit.

Ausführlichere Informationen zur jüdischen Gemeinde Obbach
Quellen zu den Gemeindeartikeln

Opfer der Shoa, die 1933 in Obbach lebten

Beate Bildstein (1927 – 1942)
Else Bildstein, geb. Bloch (1891 – 1942)
Gerhard Bildstein (1899 – 1942)
Julius Bildstein (1932 – 1942)
Manfred Bildstein (1924 – 1942)
Regina Blank (1865 – 1942)
Jeanette Blumenthal, geb. Sonnenberger (1874 – 1942)
Isaak Bravmann (1882 – 1942)
Nelka Bravmann, geb. Schloß (1879 – 1942)
Rita Bravmann (1923 – 1942)
Sigbert Bravmann (1827 – 1942)
Bernhard Fleischmann (1882 – 1942)
Berta Fleischmann, geb. Silbermann (1884 – 1942)
Isidor Fleischmann (1922 – 1942)
Julius Fleischmann (1880 – 1943)
Lore Fleischmann (1931 – 1942)
Luise Fleischmann, geb. Schlorch (1892 – 1942)
Ilse Forst (1922 – 1940)
Adele Fränkel, geb. Hüchberger (1878 – 1942)
Fanny Fränkel, geb. Grünbaum (1867 – 1942)
Hermann Fränkel (1880 – 1942)
Jette Fränkel, geb. Bacharach (1876 – 1942)
Julie Fränkel, geb. Lippmann (1884 – 1943)
Paula Fränkel (1920 – 1942)
Rosa Fränkel, geb. Schloß (1884 – 1942)
Willy Fränkel (1872 – 1942)
Wolf Fränkel (1869 – 1942)
Joseph Goldstein (1922 – 1942)
Leopold Goldstein (1910 – 1942)
Regina Goldstein, geb. Goldstein (1881 – 1942)
Ida Kannenmacher (1870 – 1939)
Mathilde Königsberger (1889 – 1943)
Ferdinand Kronthal (1893 – 1942)
Jenny Kronthal (1884 – 1942)
Leo Kronthal (1892 – 1942)
Sally Kronthal (1905 – 1944)
Arthur Ramsfelder (1898 – 1942)
Edith Ramsfelder (1937 – 1942)
Emma Ramsfelder, geb. Gottlob (1898 – 1942)
Julius Ramsfelder (1891 – 1942)
Emil Rosenbusch (1888 – 1941)
Gustav Rosenbusch (1926 – 1941)
Herbert Rosenbusch (1929 – 1941)
Paula Rosenbusch, geb. Schloss (1896 – 1941)
Ernestine Rund, geb. Bernet (1859 – 1942)
Joseph Rund (1890 – 1942)
Regina Schafheimer, geb. Schloß (1875 – 1942)
Meta Schloß, geb. Adler (1887 – 1942)
Moses Schloß (1883 – 1942)
Rosa Schloß, geb. Reis (1872 – 1942)
Arnold Schlorch (1880 – 1942)
Emil Schlorch (1877 – 1942)
Lilly Schlorch (1912 – 1942)
Rosa Schlorch, geb. Fleischmann (1877 – 1942)
Sofie Schlorch, geb. Silbermann (1883 – 1942)
Klara Strauß, geb. Ramsfelder (1869 – 1942)
Zadock Strauß (1873 – 1942)

Überlebender

Siegfried Ramsfelder (1904 – 1964)

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