Besuch in Bischofsheim bei den Holzbildhauern
Am 13. Dezember 2018 fuhren zwei Vertreter des Vereins DenkOrt Aumühle in die Rhön, um die ersten Ergebnisse des Unterrichtsprojektes „Gepäckstücke“ für den DenkOrt Aumühle in Augenschein zu nehmen. Eine Runde von 10 Schüler*innen des zweiten Lehrjahres erwartete sie, zusammen mit der Schulleiterin Christine Götz und dem künstlerischen Leiter Martin Bühner.
Er hatte die Produktion von Gepäckstücken für das zentrale Mahnmal in Würzburg zur Klassenaufgabe erklärt, und heute sollten die ersten Planungsergebnisse vorgestellt werden. Benita Stolz, die Vorsitzende des Vereins „DenkOrt Aumühle e.V.“, stellte zunächst die aktuelle Situation des DenkOrtes dar. Leider hatte sich der ursprüngliche Standort einfach verflüchtigt. „Die Mitteilung, dass die Bahn die Pleichach 2022 freilegen will, machte unsere ganzen Planungen zunichte“, legte sie dar. „Für die Tunnel-Einhausung unter dem DenkOrt hat sie nämlich die Baulast, und da kann sie mit der Freilegung des Gewässers das Problem mit einem Mal loswerden.“ So habe man sich auf die Suche nach Ersatzstandorten gemacht. und sieben solche Orte geprüft. Überall aber waren bereits andere städtische Planungen vorhanden. Schließlich sei man auf den Gedanken gekommen, den DenkOrt am Hauptbahnhof zu gestalten. Dadurch, dass der Stadtrat im November beschlossen hat, die Pavillons am Bahnhof nicht zu erneuern, sondern je zwei Baumreihen zu pflanzen, wurde das möglich.
Und so gibt es drei Varianten, wie das Denkmal vor dem Hauptbahnhof auf der linken Seite errichtet werden könnte. Darüber werde der Stadtrat wohl Anfang von 2019 beschließen. Matthias Braun, der Architekt und Künstler, werde dafür drei Planungen vorlegen.
Nach der ersten Verunsicherung blieb bei den Schülern aber die Hoffnung auf einen auch der Öffentlichkeit zugänglichen Ort übrig.
Und so begann die Vorstellung der Entwürfe für die Gepäckstücke.
Michel Reca stellte Skizze und Tonmodelle seines Rucksacks vor. Ohne Tragegurte, aber mit Stacheldraht gebündelt, soll er symbolisch auf das weitere todbringende Geschehen hinweisen. Und vielleicht ließe sich auch eine Aushöhlung anbringen, wo aus der Asche ein Pflänzchen wachsen könnte.
Auch bei den weiteren Modellen wurde die tiefen Gedanken der Schüler*innen spürbar. So bei Hanna Kraft, die einen mit Pech übergossenen Eichenquader vorstellt, der von zwei Cortenstahl-Bügeln getragen wird, bei Lena Streit, die einen zersägten Koffer gestalten will, der das Zerreißen der Familien ausdrückt, oder bei Sarah Schäfer, die ihren Eichenkoffer beflammen und mit einem Judenstern versehen will, der mit Zinn ausgegossen wird; Stacheldraht wird den Griff ersetzen.
Klaus-Dieter Portalo, inspiriert von dem Schicksal einer Familie, schwebt eine Mischung von Urlaubskoffer und Schicksalskoffer vor. Und seine Kolleginnen haben auch Skizzen für Deckenrollen gezeichnet, so etwa Hanna Kraft.
Bühner, zugleich Lehrer für Entwerfen und Modellieren, zeigte die weiteren Planungen auf: „Im nächsten Schritt wird ein kleines Modell erarbeitet, danach ein Modell im echten Maßstab, vielleicht aus Ton, und erst dann geht es an die Ausführung zweier Gepäckstücke, wie das aus Würzburg gewünscht wird. Das eine für den Herkunftsort, da haben wir bereits zwei Aufträge. Wir wünschen uns durchaus noch weitere interessierte Gemeinden, für die wir arbeiten können. Und das zweite Exemplar dann für Würzburg, das hat ja dann noch ein bisschen Zeit.“
Die Jugendlichen in der Runde, zwischen 19 und 26 Jahre alt, freuen sich über Aufträge, denn sie arbeiten am liebsten auch für reale Bedürfnisse. Für das Projekt sind sie ganz begeistert, da sie auch im Ethik- und Geschichtsunterricht über die Hintergründe der Deportationen der jüdischen Bevölkerung informiert worden sind.
Und so trennt man sich mit der Aussicht auf ein Wiedersehen. Schulleiterin Christina Glück regt ein Treffen an, wenn die Modelle fertig sind. „Vielleicht interessieren sich bis dahin noch weitere Gemeinden für unser Projekt.“
Michael Stolz