Digitaler Erinnerungsort: Am Würzburger Hauptbahnhof macht eine Plakette auf die NS-Geschichte aufmerksam

Auszubildende der DB arbeiten dunkle Kapitel der deutschen Geschichte auf • Projekt soll Bewusstsein der Nachwuchskräfte für gesellschaftliche Verantwortung stärken

Wie sah die Lebensrealität von Menschen während des Nationalsozialismus in Würzburg aus? Mit dieser Frage haben sich Auszubildende der Deutschen Bahn (DB) im Rahmen eines Pilotprojekts auseinandergesetzt. Ihre Ergebnisse und Erkenntnisse stellten Sie am 12. August 2025 gemeinsam mit Vertretenden der DB, des Zentralrats der Juden in Deutschland, der Stadt Würzburg und des Vereins DenkOrt Deportationen der Öffentlichkeit vor. Eine silberne Plakette am Übergang zwischen Personenunterführung und Empfangshalle des Würzburger Hauptbahnhofs macht zukünftig auf die NS-Geschichte des Orts aufmerksam.

Ralf Thieme, Vorstand Personenbahnhöfe DB InfraGO: „Die Auseinandersetzung mit unserer Vergangenheit ist ein wichtiger Beitrag zur Erinnerungskultur – und zur Verantwortung, die wir alle tragen, damit sich Geschichte nicht wiederholt.”

Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland: „Bahnhöfe waren im Nationalsozialismus keine neutralen Orte. Sie waren Knotenpunkte eines Unrechtssystems. Ich danke den Azubis, die sich dieser schweren Geschichte gestellt haben, und den Verantwortlichen, die mit dem Projekt „Bahn-Azubis gegen Hass und Gewalt“ ein deutliches Zeichen gegen Ausgrenzung, Rassismus und Antisemitismus setzen. Erinnerung darf nie Selbstzweck sein. Sie muss uns wachhalten.“

Martin Heilig, Oberbürgermeister der Stadt Würzburg: „Der 2020 eröffnete DenkOrt Deportationen auf dem Bahnhofsvorplatz mahnt uns täglich, niemals zu vergessen. Die verwaisten Koffer und Utensilien der Opfer sind ein Zeugnis des Leidens. Der neue digitale Erinnerungsort ergänzt diesen physischen Ort und thematisiert den DenkOrt Deportationen auf einfühlsame Weise. Er erweitert die Erinnerung ins Virtuelle, macht sie noch zugänglicher, interaktiver und greifbarer, gerade auch für jüngere Generationen.“

Christine Hofstetter, zweite Vorsitzende des Vereins DenkOrt Deportationen: „Wohin Ausgrenzung von Menschen letztendlich führen kann, die von Teilen der Bevölkerung mitgetragen und von öffentlichen Einrichtungen unterstützt wird, zeigt das gelungene Projekt der Auszubildenden sehr anschaulich. Es freut mich, dass der DenkOrt Deportationen am Würzburger Hauptbahnhof hierbei ein Anknüpfungspunkt war. Dass derartiges Unrecht und Leid nie wieder geschehen, sind wir den Opfern der NS-Diktatur schuldig und liegt in unser aller Verantwortung.“

Die 30 auszubildenden Kaufleute für Verkehrsservice verbrachten für das Projekt drei Tage im DB Museum Nürnberg. Dabei betrachteten sie die Geschichte des Bahnhofs Würzburg zur Zeit des Nationalsozialismus aus drei Perspektiven: der einer verfolgten Person, einer mitwissenden Person und einer Person, die am Bahnhof arbeitete. Im Mittelpunkt standen die Erfahrungen, Ängste und das Leid der deportierten Jüdinnen und Juden sowie die Frage, wie und warum so viele Menschen Teil dieses Systems wurden – sei es durch aktives Handeln, stilles Mitwissen oder pflichtbewusstes Ausführen von Befehlen. Der vollständige Bericht lässt sich über einen QR-Code auf einer Plakette zwischen Empfangshalle und Personenunterführung am Würzburger Hauptbahnhof oder online unter www.bahnhof.de/wuerzburg-hbf/erinnern aufrufen.

Für den DB-Konzern ist die kritische Auseinandersetzung mit der Rolle der Deutschen Reichsbahn im Nationalsozialismus ebenso Selbstverpflichtung wie die Erinnerung an die Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen. Ziel ist es, die breite Öffentlichkeit über die Rolle der Reichsbahn im Nationalsozialismus aufzuklären. Unter anderem mit der 2002 eröffneten Dauerausstellung „Die Reichsbahn in der nationalsozialistischen Diktatur 1933-1945“ im Nürnberger DB Museum dokumentiert die Deutsche Bahn die Beteiligung der Reichsbahn an den Verbrechen des Nationalsozialismus.

Vollständiger Artikel: https://www.deutschebahn.com/de/presse/presse-regional/pr-muenchen-de/aktuell/presseinformationen/Digitaler-Erinnerungsort-Am-Wuerzburger-Hauptbahnhof-macht-eine-Plakette-auf-die-NS-Geschichte-aufmerksam-13483282

Woche des Gedenkens Ende Juni 2025 mit drei Höhepunkten in Würzburg

  • 35. Stolperstein-Verlegung am Dienstag, den 24.6.
  • Besuch der Nachkommen von John Katzmann von Mittwoch bis Sonntag, 25.-29.6.
  • IV.Eröffnung des „DenkOrtes Deportationen“ am 27.6.2025

Erst der Blick auf den Einzelnen in der Nähe weckt Betroffenheit. So wurde am Dienstag dreier Opfer von Krankenmorden („Euthanasie“) und eines jüdischen Ehepaares gedacht. Auf 712 Personen stieg dadurch die Zahl der Stolpersteine in Würzburg. Besonders ins Detail ging es bei Gabriele Schelble in der Virchowstraße 5, für die die „Omas gegen Rechts“ die Patenschaft übernommen hatten.

„Nun stehen wir hier, geben dem Namen Klang.

Was wir heute sehen, macht unsre Herzen bang.

Gabriele Schelble, dein Leben – nur 32 Jahre lang!

Doch wert, wie das unsre, voll Würde und Sein.

Das Schweigen durchbricht heut dieser Stolperstein

Und erinnert uns täglich, menschlich zu sein!“,

so beendete Claudia Gabel ihr selbstverfasstes Gedicht. Auch TV Mainfranken berichtete darüber.

Die neunköpfige Familiengruppe Katzmann hatte sich nach langem Zaudern entschieden, ins Land der bitteren Erfahrungen ihres Vaters John Katzmann, als Hanns K. 1941 ausgewandert, zurückzukehren. Die Eintragung ins Goldene Buch der Stadt Würzburg geriet für sie zur Rehabilitierung. Der künftige OB Martin Heilig hob die enge Einbindung von Alfred Katzmanns Textilunternehmen in die sozialen Aktivitäten der damaligen Stadt hervor.

So war auch der Hauptbeitrag bei der 4. Eröffnung des DenkOrtes am Freitag für Gary Katzmann, einen hohen Bundesrichter der USA aus New York, vorbehalten. Die letzten Jahre seines Vaters John seien aufgehellt gewesen durch deutsche Telefonate mit dem AK Stolpersteine aus Würzburg. Er rühmte die Würzburger Erinnerungskultur , die „in ihrem Bemühen, an die Geschichte der Unmenschlichkeit und Grausamkeit zu erinnern, auch richtungsweisend dabei ist, die Würde des Menschen und den gegenseitigen Respekt für alle in dieser Welt zukünftig zu fördern.“

Weitere 11 Gepäckstücke kamen zu den 88 bereits dort aufgestellten hinzu, so dass mit dem Gedichtkoffer nun 100 Gepäckstücke dort zu sehen sind:

Burgpreppach, Großlangheim, Karbach, Kleinlangheim, Mainstockheim, Nordheim/Rhön, Oberaltertheim, Oberelsbach, Unteraltertheim, Zeilitzheim und Zeitlofs.

Bald-OB Martin Heilig ordnete diese Erweiterung so ein: „Der DenkOrt Deportationen ist ein wunderbares Beispiel für einen gelungenen Zusammenklang aus bürgerschaftlichem Engagement, politischen Institutionen und ihren Mandatsträgern.“

Das Bild zeigt John Katzmann bei seiner Rede, hinter ihm links Bezirkstagspräsident Stefan Funk.

Am 27. Januar 2025 findet der Internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust statt.

Aus diesem Anlass erinnert die UNICEF-Hochschulgruppe der Universität Würzburg an  Kinder und Jugendliche, die in den Jahren 1941 bis 1944 von Würzburg aus deportiert und ermordet wurden.

Die besondere Art des Gedenkens findet  am 27. Januar um  17 Uhr am DenkOrt Deportationen vor dem Würzburger Hauptbahnhof statt.

Herzliche Einladung dazu.

Bei Regen entfällt diese Gedenkfeier.

Nach der Veranstaltung gegen 17:30 Uhr  wird die UNICEF- Gruppe im Stadtbereich Stolpersteine putzen, die besonders Kindern gewidmet sind.

Demo zum Gedenken an den 7.10.2023

Die Deutsch-Israelische Gesellschaft veranstaltete am DenkOrt eine Kundgebung zum Jahrestag des Massakers : „Gegen jeden Antisemitismus – Solidarität mit Israel!”

Weltweit löste das von der Hamas begangene Massaker eine bis heute anhaltende Welle an antisemitischem Hass und ebensolcher Gewalt aus – auch in Würzburg. Gleichzeitig war es der Auslöser für militärische Reaktionen Israels, die die militärische Struktur der Hamas vernichten sollten – und zahlreiche zivile Opfer zur Folge hatten. Sie sind auch dadurch entstanden, weil die Hamas-Einrichtungen planmäßig unter Krankenhäusern und Schulen errichtet wurden.

Die Veranstaltung war der Trauer über die seit der Shoah größte Vernichtungsaktion an Juden gewidmet. Damit war die Forderung verbunden: „Befreit Gaza von der Hamas!“

Nach Reden von Konstantin Mack und Simone Barrientos beklagte Burkhard Hose die Zunahme antisemitischer und antimuslimischer Gewalt seit einem Jahr: „Manche nutzen vermeintliche Solidarität mit Palästinensern, um Juden hassen zu dürfen. Und manche nutzen vermeintliche Solidarität mit jüdischen Menschen, um Muslime hassen zu dürfen.“

Abschließend wurde eine Mahnwache am DenkOrt durchgeführt, indem Kerzen gehalten und dann am DenkOrt abgestellt wurden.

 

Hana Amichai, die Witwe Yehuda Amichais, am DenkOrt

Am 16.5.2024 fand eine Führung am DenkOrt für das Lehrerkollegium der Grundschule Zell statt. Zufällig kam während der Führung Hana Amichai, die Witwe von Yehuda Amichai, vorbei und wollte vom Hauptbahnhof aus ihre Heimreise antreten. Burkard Hose, Rosa Grimm, Daniel Osthoff und Yona-Dvir Shalem begleiteten sie zum Abschied vor ihrer Heimreise nach Israel.
Kurz entschlossen stellten die beiden Mitglieder des Vereins, Benita Stolz und Matthias Bartsch, sie der Lehrer*innengruppe vor, stellten sich vor den „leeren“ Koffer und lasen in ihrer Anwesenheit das Gedicht von Yehuda Amichai über seine Kinderfreundin Ruth Hanover vor. Er wurde vor hundert Jahren am 3. Mai 1924 als Ludwig Pfeuffer in Würzburg geboren und wanderte 1936 mit seiner Familie nach Palästina aus. In Israel wurde er ein hoch angesehener Schriftsteller und Dichter. Dieser wunderschöne Zufall wurde auf dem Foto festgehalten.

Gedenken an deportierte Kinder aus Unterfranken

Wie bereits in den vergangenen Jahren, jeweils am 27. Januar, lud die UNICEF-Hochschulgruppe Würzburg auch in diesem Jahr zu einer Gedenkstunde am DenkOrt Deportationen am Hauptbahnhof in Würzburg ein. Bei dieser Stunde wurde der von Würzburg aus deportierten und ermordeten Kinder gedacht. Während die Namen und das Alter der Kinder genannt wurden, stellten die Studierenden für jedes Kind ein Licht auf die Gepäckstücke am DenkOrt.

Viele Menschen, die vorübergingen, hielten berührt von dieser bewegenden Aktion inne.

Im Anschluss gingen die Studierenden in die Stadt, um die Stolpersteine zu putzen, die einem Kind und dessen Familie gewidmet sind. Herzlichen Dank an die UNICEF-Hochschulgruppe für diese besondere Art des Gedenkens.
(Foto & Text: Hannelore Hübner)

UnterfrankenSPD würdigte unser Engagement mit dem Felix-Freudenberger-Preis

Zum vierten Mal hat die UnterfrankenSPD am 17.9.2023 den Felix-Freudenberger-Preis verliehen. Der nach dem Würzburger Sozialdemokraten Felix Freudenberger (1874-1927) benannte Preis wird alle zwei Jahre an Personen bzw. Initiativen verliehen, die sich um die Kunst und Kultur, die Bildung bzw. Zivilcourage in der Region Unterfranken verdient gemacht haben. Den Hauptpreis erhielt in diesem Jahr der Verein „DenkOrt Deportationen“ (Würzburg), der Förderpreis ging an den Verein „Migranten für Migranten“ (Aschaffenburg). Die Schulfamilie der Udo-Lindenberg-Mittelschule Mellrichstadt wurde mit einem Sonderpreis ausgezeichnet.

„Wir sind Ihnen für Ihren Einsatz für unsere Gesellschaft zu großem Dank verpflichtet“, würdigte Bernd Rützel, der Vorsitzende der UnterfrankenSPD, das Wirken der Preisträger*innen. Dem schloss sich Volkmar Halbleib als Juryvorsitzender an: „Gerade in der heutigen Zeit mit zunehmenden Attacken vom rechten Rand ist es wichtig, Flagge zu zeigen und sich einzusetzen. Sie sind in dieser Hinsicht vorbildlich.“

Der Verein „Denkort Deportationen“ hat mit der gleichnamigen Gedenkstätte auf dem Würzburger Bahnhofsvorplatz ein lebendiges Mahnmal zur Erinnerung an die unterfränkischen Jüdinnen und Juden realisiert, die von Würzburg aus zwischen 1941 und 1944 in den Tod geschickt wurde. Alexander Kolbow ging in seiner Laudatio auf den unermüdlichen Einsatz aller Beteiligten ein, der auch nach der Schaffung des Denkorts kein Ende gefunden hat, sondern seinen Ausdruck in Führungen, Gedenkveranstaltungen und anderen Aktivitäten findet. (…)
aus der Presseerklärung der SPD
Zum Bild:
Der Hauptpreis 2023 wurde dem Würzburger Verein „Denkort Deportationen“ verliehen, vertreten durch die Vorsitzende Benita Stolz (vierte vr). Neben dem Juryvorsitzenden Volkmar Halbleib (Dritter von rechts) gratulieren der Bezirksvorsitzende Bernd Rützel (Zweiter von rechts) und der Laudator Alexander Kolbow (rechts) (Foto: Dr. Jürgen Kößler)

Neue Eröffnung am 16. Juni 2023

Der Verein „DenkOrt Deportationen e.V.“ und die Stadt Würzburg freuen sich, der Öffentlichkeit am 16.6.2023 neun weitere Gepäckstücke am DenkOrt vor dem Hauptbahnhof zu übergeben.
Alle Bürgermeister*innen waren eingeladen. Neben dem OB Christian Schuchardt und Dr. Josef Schuster waren diesmal Prof. Ilona Nord und Judith Petzke vom antisemitismuskritischen Zentrum der evangelischen Theologie als Redner eingeladen. In einem Dialog wurden die unterschiedlichen Zugänge der Generationen zu solchem Gedenken angesprochen.
Eine Performance von Schülerinnen machte die Deportationsschübe anschaulich. Durch das Hinzutreten der Bürgermeister*innen zum „Beistand“ wurde eine neue Solidarisierung zu den damals ausgegrenzten Menschen anschaulich.

Der Termin 16.6. ist, wie so oft, ein trauriger. Er fordert uns zum Erinnern auf – an die Menschen, die als letzte größere Gruppe 1943 aus Unterfranken deportiert wurden. Dies war fast genau vor 80 Jahren.

Betroffen war die jüdische Restgemeinde in Würzburg, eine Gruppe von 64 Personen. 57 von ihnen wurden ins Vernichtungslager Auschwitz, sieben ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Nur eine Frau überlebte. Einige von ihnen – Iwan Schwab, Dr. Henny Stahl, Eugen Stahl – hatten als Gemeindefunktionär:innen die vorherigen Deportationen mit vorbereiten müssen. Andere, Krankenschwestern, Bäcker, Köchinnen, Gärtner usw. kümmerten sich um das Weiterleben der Menschen unter den Verfolgungs- und Kriegsbedingungen. Doch auch Kinder wie die Geschwister Weinberger oder der anderthalbjährige Sally Heippert gehörten zu der Gruppe.

Fotos der Gruppe von diesem Abtransport gibt es nicht. Bei der ersten Eröffnung des DenkOrts 2020 konnten damals individuelle Fotos von einem Teil der Deportierten gezeigt werden.

Wenn Sie sich über die jüdischen Gemeinden, aus denen die neuen Gepäckstücke kommen, informieren wollen, können Sie das bereits auf der Seite www.juf-gedenken.de tun.
Dort finden Sie unter jedem Artikel eine Liste aller Shoa-Opfer eines Ortes.

Die Gemeinden, die seit 16.6.2023 neu am DenkOrt in Würzburg vertreten sind:

Bad Königshofen mit Trappstadt
Estenfeld
Greußenheim
Großostheim
Schonungen
Schwebheim
Steinach a.d. Saale
Unterriedenberg mit Oberriedenberg
Wörth am Main

Text: R.R./M.St.
Bildnachweis: DenkOrt Deportationen – M.Stolz

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