Am 24. September 2021, einen Tag nach dem Jahrestag der 5. Deportation, kamen zahlreiche Bürgermeister:innen aus ganz Unterfranken zum DenkOrt. Sie waren eingeladen zur zweiten Eröffnung und der Aufstellung ihres Gepäckstücks. Auch Gemeindeoberhäupter, die im letzten Jahr bei der ersten Eröffnung nicht hatten dabei sein dürfen, konnten nun teilnehmen – und taten es in großer Zahl. So wurde zum ersten Mal sichtbar, dass der DenkOrt Deportationen nicht nur Gepäckstücke aus ganz Unterfranken zur Erinnerung an die Deportierten trägt, sondern dass er auch die Kommunen und die heutigen Menschen miteinander verbindet.
Der Würzburger Oberbürgermeister Christian Schuchardt begrüßte seine Kolleg:innen und alle weiteren Teilnehmer:innen und hob einmal mehr die Bedeutung der Gedenkstätte für den gesamten Regierungsbezirk hervor. Er lobte das „bewundernswerte bürgerliche Engagement“, das den DenkOrt ermöglicht habe, sowie das umfassende historische Informationsangebot DenkOrt 2.0. Die mehrfache Auszeichnung der Gedenkstätte, unter anderem mit dem Kulturpreis der Bayerischen Landesstiftung, sei auch eine Auszeichnung für die Gemeinden, die daran mitgewirkt hätten, so Schuchardt.
Auch Dr. Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, unterstrich mit seiner Anwesenheit und in seiner Rede, welch hohen Stellenwert das Gedenken und die Partizipation vieler gesellschaftlicher Akteure und Gruppen im Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus habe. „Ich freue mich sehr, dass sich immer mehr Orte an diesem Mahnmal beteiligen“, so Schuster. Mit Bezug auf den geplanten Anschlag auf die Synagoge in Hagen verwies er auf die Notwendigkeit, sich dem wachsenden Antisemitismus entgegenzustellen. „Wir wissen, wir haben mehr Freunde als Feinde in Deutschland. Aber noch immer sind wir nicht gefeit vor Hass und Gewalt“, so der Zentralratspräsident.
Landrat Florian Töpper (Schweinfurt) sprach für die unterfränkischen Landrätinnen und Landräte. Er betonte ebenfalls, dass der DenkOrt ein bedeutendes Zeichen für den Willen zur Erinnerung an unvergleichliches Unrecht und nicht wiedergutzumachende Verluste für ganz Unterfranken sei. Somit wollten auch die Landkreise dieses besondere Mahnmal unterstützen, um ihrer Verantwortung zur Erinnerung an die aus Unterfranken deportierten Jüdinnen und Juden gerecht zu werden.
Das Bündnis für Demokratie und Zivilcourage sowie die Jugendbildungsstätte Unterfranken waren durch Zehranur Manzak vertreten. Aus der Perspektive ihrer erinnerungspädagogischen Arbeit schilderte sie, wie wichtig es ist, junge Menschen mit ihren Fragen in die Erinnerungsarbeit einzubeziehen. Denn die Jugendlichen seien als Angehörige der Migrationsgesellschaft die Gestalter:innnen der Gegenwart und der Zukunft. Takayo Miura, Schülerin der Drechslerklasse der Berufsschule Bad Kissingen, beschrieb den Herstellungsprozess einer hölzernen Deckenrolle für das DenkOrt-Projekt. Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung von Bläsern der Musikfachschule in Bad Königshofen.
Als am Ende der Veranstaltung die Namen der Kommunen verlesen wurden, aus denen die neuen Gepäckstücke stammen, stellten sich die Bürgermeister:innen zu ihrem jeweiligen Gepäckstück. Eine Gedenkminute rundete den offiziellen Teil eindrucksvoll ab.
Text und Foto: Rotraud Ries
Im Auftrag der Jugendbildungsstätte Unterfranken wurde der Redebeitrag von Zehranur Manzak von dalle-tv aufgenommen. Wie sie als Migrationspädagogin und Muslima ganz neue Töne anschlägt, können Sie im Videobeitrag sehen und hören.
MS